Antizyklisch zu investieren lohnt sich historisch betrachtet
Die Unsicherheit rund um die COVID-19-Pandemie führte in Rekordgeschwindigkeit zu massiven Korrekturen an den Aktienmärkten. Nun stellen sich viele Anleger die Frage: «verkaufen, abwarten oder antizyklisch investieren»? Kurz-fristig besteht durchaus noch weiteres Abwärtspotenzial, aber für Anleger mit einem längerfristigen Anlagehorizont sehen wir derzeit Opportunitäten aus den folgenden drei Gründen.
Ende Februar brach Panik an den globalen Aktienmärkten aus. Der deutsche Aktienmarktindex, DAX, zum Beispiel lag zwischenzeitlich knapp 40% unterhalb der Höchstmarke von Mitte Februar 2020. Das Volatilitätsmass des DAX kletterte auf einen Stand von über 50, was zuletzt während der Finanzkrise der Fall war.
Die künftige Aktienmarktentwicklung ist natürlich abhängig vom weiteren Verlauf der Pandemie und in der kurzen Frist dürften Neuigkeiten dazu auch der Haupttreiber für die Märkte sein. Die Konjunkturdaten der kommenden Wochen werden ein düsteres Bild zeichnen und öfters für Unsicherheit sorgen. Der Entscheid vieler Unternehmen die Dividenden und Aktienrückkaufprogramme vorerst zu streichen ist ein zusätzlicher Dämpfer für Aktien. Wir sehen kurzfristig daher noch weiteres Abwärtspotenzial, aber denken, dass die grössten Bewegungen bereits erfolgt sind. Zumindest gibt es dafür ein Indiz in den historischen Daten, denn wenn in der Vergangenheit die Volatilität des DAX stark anstieg und die 40 Punkte-Marke übersprang, war die durchschnittliche Aktienperformance rund 5% über die nächsten zwölf Monate (Grafik 1), über 24 Monate erhöht sich die Rendite auf durchschnittliche 28%. Die Gefahr ist,
dass die Covid-19-Krise eine längere Rezession mit sich bringt und damit für langanhaltende Unsicherheit an den Märkten sorgt, wie dies in Deutschland 2002-2003 der Fall war. In unserem Basis-Szenario rechnen wir jedoch mit einer Eindämmung der Pandemie und einer graduellen Erholung der wirtschaftlichen Aktivität im zweiten Halbjahr, gestützt von den massiven Hilfspaketen seitens der Geld- und Fiskalpolitik (siehe Baloise Market View).
Grafik 1: Volatilität des DAX
Für die langfristige Entwicklung der Aktien spielt auch die Bewertung eine Rolle. Je höher die Bewertung desto tiefer ist in der Regel die langfristige Rendite. Aktien waren in den letzten Jahren relativ teuer und boten langfristigen Investoren keinen optimalen Einstiegspunkt. Mit den jüngsten Verwerfungen sind die Bewertungen nun aber attraktiver geworden, auch wenn die Niveaus der Euro- oder Finanzkrise nicht erreicht wurden.
Um die Bewertungen besser vergleichen zu können, haben wir in Grafik 2 ein einfaches Standardisierungsmass für die verschiedenen Bewertungskennzahlen (KGV=Kurs-Gewinn-, KBV=Kurs-Buch- und KUV=Kurs-Umsatz-Verhältnis) berechnet. Ein negativer Wert bedeutet, dass Aktien aktuell günstiger sind als dies historisch im Durchschnitt der Fall war. Erkennbar ist, dass amerikanische Titel trotz der aktuellen Marktkorrektur im Vergleich zu den anderen betrachteten Märkten nach wie vor nicht günstig sind. Es ist zudem zu beachten, dass diese Bewertungskennzahlen die Gewinne, bzw. Umsätze der Vergangenheit reflektieren. Die künftigen Werte einzuschätzen ist aktuell enorm schwierig, da die konjunkturellen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie noch kaum zu quantifizieren sind.
Grafik 2: Bewertungskennzahlen
Hinweis: Das standardisierte Bewertungsmass reflektiert den Durchschnitt der KGV-, KBV-, KUV-Werten, adjustiert für deren historischen Schwankungen. Die Berechnung basiert auf monatlichen Daten von 1995 bis 2020 oder ab Verfügbarkeit der Daten.
Quellen: Asset Management, Bloomberg Finance L.P. per 06.04.02020
Die expansive Geldpolitik und das damit einhergehende Tiefzinsumfeld waren wichtige Treiber für die Aktien-marktentwicklung in den letzten Jahren (Grafik 3). Aktuell versorgen die Zentralbanken die Finanzmärkte, mittels ausserordentlichen Zinssenkungen und Anleihekäufen in beispiellosem Umfang, mit sehr viel Liquidität. Die US-Notenbank, zum Beispiel, hat in den letzten 30 Tagen Anleihen im Umfang von knapp 1.1
Billionen USD gekauft. Das entspricht rund 5% der US-Wirtschaftsleistung und ist historisch einzigartig, denn so stark innert so kurzer Zeit hat sie nicht einmal während der Finanzkrise interveniert. Zu einer nachhaltigen Stabilisierung der Aktienmärkte hat dies zwar noch nicht geführt, da der Verlauf des Coronavirus-Ausbruchs noch zu ungewiss ist. Sobald sich aber die gesundheitliche Krise entschärft hat, dürfte die Jagd nach Rendite wieder aufgenommen werden und die Nachfrage nach Aktien aufgrund ihrer relativen Attraktivität zunehmen.
Wir gehen in unserem Basis-Szenario von einer graduellen Erholung der Wirtschaft und der Aktienmärkte weltweit aus, raten aber zu Selektivität, denn bestimmte Sektoren (z. B. Fluggesellschaften) und Länder (z. B. Italien) werden auch noch lange nach dem Abklingen der Pandemie mit deren Auswirkungen zu kämpfen haben.
Grafik 3: Zentralbanken erhöhen Liquidität
*Berücksichtigte Zentralbanken: USA, EU, Japan, Grossbritannien, Schweiz, China, Brasilien, Südafrika, Korea, Hongkong, Indonesien, Russland, Singapur und Mexiko
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