Spreads steigen in Rekordgeschwindigkeit
Grafik 1: Spreads verschiedener Kreditmärkte per 30. April 2020
Das seit Jahren anhaltend günstige Finanzmarktumfeld hat mit dem weltweiten Ausbruch der COVID-19-Pandemie ein jähes Ende gefunden. Die dadurch ausgelöste konjunkturelle Vollbremsung führte zu einem deutlichen Anstieg der Spreads, dem sich kein Segment des Kreditmarktes entziehen konnte (Grafik 1).
Die aktuelle Krise an den Kreditmärkten hat zwar noch nicht zu derart hohen Verlusten wie während der Finanzkrise von 2008 geführt, allerdings erfolgte der Anstieg der Spreads in historisch einmaliger Geschwindigkeit. In den letzten Jahren wurde das Eingehen von Kreditrisiken aufgrund der anhaltenden Jagd nach Rendite immer weniger entschädigt. Die COVID-19-Krise hat die Ausgangslage fundamental verändert, sodass kreditrisikobehaftete Investments nun auf den ersten Blick plötzlich wieder attraktive Renditen aufweisen. Für Investoren stellt sich daher die Frage, ob die hohen Spreads eine Einstiegsgelegenheit bieten oder sie dadurch sprichwörtlich in ein fallendes Messer greifen.
Grafik 2: Spreads per 30. März 2020 gemäss kompensierten Kreditverlusten
In unserem Basisszenario erwarten wir im ersten Halbjahr 2020 eine starke weltweite Rezession und entsprechend deutlich ansteigende Ausfallraten. Wir gehen für das zweite Halbjahr jedoch von einer graduellen «U-förmigen»-Gegenbewegung aus, d.h. nach einer Bodenbildungsphase rechnen wir mit einer Erholung der Konjunktur und der Finanzmärkte.
Der weitere Verlauf sowie das Ausmass der Erholung hängen kurzfristig primär von der Entwicklung der COVID-19-Pandemie bzw. der Geschwindigkeit der Ausbreitung und mittelfristig von der tatsächlichen Höhe und Wirkung der geld- und fiskalpolitischen Stimulierungsmassnahmen ab. Die vom Volumen und Umfang massiv ausgeweiteten Anleihekaufprogramme der Notenbanken sorgen dabei für Stabilität und Liquidität. Zentral ist, dass die amerikanische Notenbank Fed nun auch im High Yield (HY) Segment Anleihen, sogenannte «Fallen Angels» kaufen und die europäische Zentralbank EZB neu Anleihen mit einem Rating von BB als Sicherheit akzeptiert. Dies sind wichtige Unterstützungsfaktoren, insbesondere weil das HY-Segment aufgrund der erwarteten Ratingherabstufungen massiv anwachsen wird. Wie in Grafik 2 ersichtlich, liegen die aktuellen Spread-Niveaus für verschiedene Kreditmärkte deutlich über den historisch maximal verzeichneten Kreditverlusten.
Entsprechend entschädigen die gegenwärtigen «Excess Spreads» Investoren auch in einem adversen Szenario wie beispielsweise die Finanzkrise von 2008. Wie ein Vergleich der aktuellen Performanceentwicklung mit der Historie zeigt, haben sich die verschiedenen Kreditmärkte auch in der aktuellen Krise wie erwartet, d.h. sehr ähnlich wie in früheren Krisen, verhalten (Grafik 3).
Grafik 3: Historische Performanceentwicklung per 30. April 2020
Nebst der Kompensation für Kreditausfälle oder potentiellen Verlusten durch Kreditmigrationen erachten wir die aktuell erzielbaren Renditen auch als hinreichend attraktiv, um die höheren Liquiditätsrisken oder weitere Faktoren wie beispielswiese die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Unternehmensanleihen zu entschädigen. Aufgrund der gesunkenen Währungsabsicherungskosten im EUR und USD lassen sich auch in Schweizer Franken sehr ansehnliche Renditen erzielen (Grafik 4).
Grafik 4: Kennzahlen über 15 Jahre und Renditelevels per 30. April 2020
Grafik 5: Prozentualer Anteil der Emittenten pro Sektor mit negativen Rating- oder Ausblickanpassungen im 1. Quartal 2020
Angesichts der erwarteten globalen Rezession wird die Kreditwürdigkeit vieler Unternehmen substantiell unter Druck geraten, was in einer Verschlechterung der Finanzkennzahlen ersichtlich sein wird. Auch wenn die Flut der Anleihenkäufe der Notenbanken grundsätzlich alle Boote hebt, sind nicht alle Sektoren von der aktuellen Krise gleich stark betroffen (Grafik 5).
Die Ratingagenturen haben seit Ausbruch der Krise bereits eine Rekordzahl an Unternehmen herabgestuft und es sind noch weitere Herabstufungen zu erwarten. Besonders betroffen sind Unternehmen aus den Sektoren Hotellerie, Einzelhandel und Automotive, sowie Fluggesellschaften, welche durch die Eindämmungsmassnahmen massive Ertragseinbussen zu verzeichnen haben. Bei der Kreditselektion sollte der Fokus auf Unternehmen mit einer soliden Bilanz in weniger exponierten Bereichen wie Pharma, Telekom oder Software liegen. Für den Anlageerfolg und insbesondere zur Erzielung möglichst hoher Überrenditen ist daher eine aktive Auswahl basierend auf einer fundierten Kreditanalyse entscheidend.
Dominik Schmidlin
Head of Asset Strategy
dominik.schmidlin@baloise.com
Blaise Roduit
Head of Fixed Income
blaise.roduit@baloise.com
Samuel Müller
Portfolio Manager Alternative Investments
samuel.mueller@baloise.com
Dominik Sacherer
Junior Credit Analyst
dominik.sacherer@baloise.com
Laden Sie sich diesen Artikel als PDF-Dokument herunter:
Baloise Asset Management AG übernimmt keine Gewähr für die verwendeten Kennzahlen und Performance-Angaben. Der Inhalt der Publikation beinhaltet Meinungen zur Marktentwicklung und dient ausschliesslich zu Informationszwecken und dient nicht der Anlageberatung. Insbesondere stellen die Informationen in keiner Weise ein Kaufangebot, eine Anlageempfehlung oder eine Ent-scheidungshilfe in rechtlichen, steuerlichen, wirtschaftlichen oder anderen Belangen dar. Es wird keine Haftung für Verluste oder entgangene Gewinne übernommen, die aus einer Nutzung der Informationen entstehen könnten.