Das Jahr 2024 stand im Zeichen grosser politischer Umwälzungen: In Ländern, die mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung repräsentieren, fanden Wahlen statt. Der Trend ging dabei eindeutig in Richtung Machtwechsel, häufig wurden amtierende Regierungen abgewählt.
Die Finanzmärkte reagierten auf diese politischen Veränderungen meist bemerkenswert gelassen. Während der Wahlsieg von Donald Trump in den USA sogar positive Marktimpulse auslöste, sorgte die unerwartete Ankündigung von Neuwahlen in Frankreich durch Emmanuel Macron im Sommer 2024 für Verunsicherung. Dies spiegelte sich in der Unterperformance des französischen Aktienmarktindex CAC 40 im europäischen Vergleich wider.
Selbst geopolitische Spannungen wie die erste direkte militärische Konfrontation zwischen Israel und dem Iran sowie der anhaltende Krieg in der Ukraine konnten die Märkte nicht nachhaltig erschüttern. Stattdessen beflügelte die Euphorie um künstliche Intelligenz (KI) vor allem die US-Börsen. Sinkende Inflationsraten und damit einhergehende Leitzinssenkungen durch die Notenbanken verstärkten den positiven Trend.
Der MSCI All Country World Index als Gradmesser für die globalen Aktienmärkte verzeichnete eine beeindruckende Entwicklung mit einer Wertsteigerung von 18 Prozent. Dabei übertrafen US-amerikanische Aktien mit deutlichen Kursgewinnen (+25 Prozent) die moderateren Zuwächse in Europa (+10 Prozent) und den Schwellenländern (+8 Prozent).
Die grossen Zentralbanken – US-Notenbank (Fed), Europäische Zentralbank (EZB) und Schweizerische Nationalbank (SNB) – reagierten auf die rückläufige Inflation mit Leitzinssenkungen von 1,00 bis 1,25 Prozentpunkten. Bei den langfristigen Zinsen zeigte sich jedoch ein differenzierteres Bild: Während sich das Tiefzinsumfeld in der Schweiz verfestigte, stiegen die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen gegen Jahresende aufgrund der Erwartung einer expansiveren Fiskalpolitik von Donald Trump deutlich an.
Für 2025 wird ein moderates Weltwirtschaftswachstum mit deutlichen regionalen Unterschieden erwartet. Während in den USA mit einer anhaltend robusten Dynamik gerechnet wird, ist in Europa mit einer leichten Erholung zu rechnen. Steigende Reallöhne dürften das Wachstum in Ländern wie Deutschland wieder etwas ankurbeln. Die diesbezüglichen Risiken sind jedoch hoch. Politische Unsicherheiten in Frankreich und Deutschland trüben kurzfristig die Aussichten.
Im europäischen Vergleich schneidet die Schweiz mit ihrem Wirtschaftswachstum gut ab. Die Schwäche im Ausland, insbesondere im Euroraum, begrenzt jedoch das Wachstumspotenzial in der Schweiz. Mit der letzten Zinssenkung der SNB ist die Geldpolitik nicht mehr im restriktiven Bereich. Dies dürfte das Wachstum weiter stützen.
In China strebt die Regierung wieder ein Wachstum von rund 5 Prozent an. Sie hat bereits Ende 2024 angekündigt, dass 2025 mehr Konjunkturprogramme zur Stimulierung der Wirtschaft aufgelegt werden sollen. Der Schwerpunkt der Massnahmen soll auf der Ankurbelung des privaten Konsums liegen. Dies ist eine grosse Herausforderung. Seit 2022 herrscht eine Vertrauenskrise bei den Haushalten, ausgelöst durch die Folgen der Pandemie und der Immobilienkrise.
Die Inflation dürfte sich weiter normalisieren, könnte aber teils über den Zielwerten der Zentralbanken bleiben. Wir rechnen insbesondere in den USA mit einer hartnäckigeren Teuerung als in Europa. In der Schweiz könnte die Inflation gegen Mitte des Jahres auf nahe 0 Prozent fallen.
Die Zentralbanken dürften auch 2025 ihre Zinsen nochmals senken. Die Fed dürfte jedoch zunächst eine Pause einlegen, um die jüngste Entwicklung der Wirtschaftsdaten und die Auswirkungen von Donalds Trumps wirtschaftspolitischen Plänen einzuordnen. Die EZB sowie die SNB dürften hingegen bereits zu Beginn des Jahres mit den Zinssenkungen fortfahren. Die meisten Zinssenkungen erwarten wir von der EZB, da einerseits ihre Politik noch restriktiv ist und sie andererseits mit einer deutlich schwächeren Wirtschaftsdynamik konfrontiert ist als zum Beispiel die Fed.
Insgesamt erwarten wir ein freundliches Umfeld an den Finanzmärkten, auch wenn sich die ausserordentlich hohen Renditen des letzten Jahres in gewissen Regionen nicht wiederholen werden. Schweizer Anlegerinnen und Anleger sehen sich erneut mit einem Tiefzinsumfeld konfrontiert. Die Suche nach Alternativen gewinnt deshalb an Bedeutung.
Hohe Bewertungen sowie die (geo-)politische Lage bergen Risiken für die Märkte.
Die Börsenaussichten für 2025 präsentieren sich vielversprechend, wobei der Schweizer Aktienmarkt besonders attraktiv erscheint. Dieser bietet aktuell eine historisch überdurchschnittliche Risikoprämie, gestützt durch eine faire Bewertung und das anhaltende Niedrigzinsumfeld.
Der Technologiesektor, insbesondere im Bereich der KI, bleibt ein dominantes Thema an den globalen Aktienmärkten. Vor allem die US-Börsen dürften weiterhin von dieser Dynamik profitieren. Allerdings sind die Gewinnerwartungen an KI-Unternehmen noch einmal deutlich gestiegen. Damit steigt auch das Enttäuschungspotenzial. Und angesichts der hohen Marktkonzentration würden Kurskorrekturen bei den KI-Werten die breiteren Indizes mitziehen, vor allem in den USA. Aber auch in den Weltaktienindizes haben die «Magnificent 7» ein hohes Gewicht. Im MSCI World, der die Aktienmärkte der Industrieländer abdeckt, machen sie über 20 Prozent der Marktkapitalisierung aus.
Viele dieser Titel konnten die hohen Erwartungen der letzten Jahre erfüllen. Wir gehen jedoch davon aus, dass Anlegerinnen und Anleger in Zukunft differenzierter zwischen den einzelnen Unternehmen unterscheiden werden. Unternehmen, denen es gelingt, KI und KI-Investitionen effektiv in ihre Geschäftsmodelle zu integrieren, dürften am meisten profitieren – unabhängig davon, ob es sich um Tech-Giganten oder Unternehmen aus anderen Branchen handelt.
Nachhaltigkeit etabliert sich weiterhin als fundamentaler Langzeittrend. Besonders gut positioniert für die Zukunft sind dabei Unternehmen, die entweder Lösungen für den Klimaschutz entwickeln oder nachhaltige Praktiken erfolgreich in ihre Geschäftsprozesse implementieren.
Die Zinskurven dürften sich im Jahresverlauf weiter verflachen, angetrieben durch die Zinssenkungen der Zentralbanken.
Bei Unternehmensanleihen wird mit stabilen Kreditrisikoprämien für Investment-Grade(IG)-Anleihen gerechnet, während die Kreditaufschläge auf Hochzinsanleihen leicht ansteigen dürften. Ein signifikanter Anstieg der Ausfallraten wird jedoch nicht erwartet.
Ein Fokusthema der Anlegerinnen und Anleger in diesem Jahr dürfte die steigende Staatsverschuldung weltweit sein. Dies u.a., da in der EU die fiskalpolitischen Vorschriften, welche infolge der COVID-19-Pandemie und der anschliessenden Energiekrise zwischen 2020 und 2023 ausgesetzt waren, 2024 wieder aktiviert wurden. Angesichts der Pandemie hatten Regierungen ihre fiskalpolitischen Zügel stark gelockert. Um die Verschuldung wieder in den Griff zu bekommen, müssten Staaten ihre Neuverschuldung zurückfahren. Das lässt sich aber politisch nicht immer einfach durchsetzen, wie man in Frankreich in den letzten Monaten gesehen hat. Die Folgen sind an den Anleihenmärkten zu sehen. So hat die Risikoprämie 10-jähriger französischer Staatsanleihen gegenüber deutschen Ende 2024 den höchsten Wert seit der Eurokrise erreicht. Anders als während der Eurokrise ist für Euroländer nicht mit einem Renditeaufschlag auf breiter Front zu rechnen.
Die Schuldendiskussionen dürften auch in den USA geführt werden, zumal die Politik von Donald Trump zu einer Ausweitung der bereits hohen Verschuldung führen dürfte und die USA ab Januar 2025 ihre Schuldenobergrenze wieder aktivieren werden.
Die Immobilien wie auch Immobilienprodukte profitieren von sinkenden Zinsen. Die Zinssenkungen der SNB wie auch die Aussicht auf weitere Zinssenkungen stimmen den Markt für Immobilienprodukte positiv. Am schnellsten reagieren die börsennotierten Immobilienprodukte auf Veränderungen in der Zinslandschaft. Dies schlägt sich auch in der Entwicklung des SXI Real Estate Funds Broad Total Return Index nieder, welcher im Dezember 2024 ein neues Allzeithoch erreicht hat. Aufgrund der erwarteten weiteren Zinssenkungen dürften Immobilienprodukte auch im Jahr 2025 attraktiv bleiben.
Der Markt für Mietwohnungen dürfte auch im Jahr 2025 angespannt bleiben. Die Zuwanderung wird im Jahr 2024 wohl nicht ganz das Niveau von 2023 erreichen und hat sich demnach leicht verlangsamt. Allerdings dürfte die Nettozuwanderung aufgrund der relativen Attraktivität der Schweiz auch für das Jahr 2025 positiv bleiben. Der hohen Nachfrage durch die Zuwanderung steht angebotsseitig eine geringe Neubautätigkeit gegenüber. Diese könnte sich zwar im Jahr 2025 gemäss Prognosen von Wüest Partner etwas erholen, verbleibt jedoch weiterhin auf tiefem Niveau. Aufgrund des Zinsrückgangs im letzten Jahr dürfte auch der hypothekarische Referenzzinssatz, an den die Mieten gekoppelt sind, im ersten Halbjahr sinken.
Im Jahr 2025 wird sich die Knappheit des Wohnraums verschärfen. Einerseits werden die Baubewilligungsprozesse durch zunehmende Regulierungen und Anforderungen, z.B. bezüglich Nachhaltigkeit, komplexer und tendenziell langwieriger. Andererseits hemmen Initiativen, welche bei Sanierungen die Überwälzung der Kosten stark limitieren und bei Neubauten einen hohen Anteil an preisgünstigen Wohnungen vorschreiben, die Investitionstätigkeit.
In den letzten ein bis zwei Jahren hat sich ein bemerkenswerter Trend im US-Senior-Secured-Loans(SSL)-Markt abgezeichnet: Während «traditionelle» Ausfallraten (nach Chapter 11) weitgehend stabil und gering geblieben sind (aktuell: 1,5 Prozent)*, nimmt die Anzahl sogenannter «Distressed Exchanges» deutlich zu (Ausfallrate inkl. Distressed Exchanges: aktuell 4,0 Prozent)**. Dabei handelt es sich um Umschuldungen, bei denen Gläubigerinnen und Gläubiger zur Vermeidung einer Insolvenz oft auf Teile ihrer Forderungen verzichten. Diese Transaktionen scheinen nicht in den traditionellen Ausfallquoten auf. Aus der Sicht einer Anlegerin oder eines Anlegers haben sie aber ähnliche Auswirkungen, nämlich insofern als ein Teil der ursprünglichen Investition verloren geht.
Der Anstieg von Distressed Exchanges ist u.a. darauf zurückzuführen, dass die Kosten und die Komplexität eines traditionellen Insolvenzverfahrens hoch sind. Eine zentrale Rolle spielen die Eigenkapitalgeberinnen und Eigenkapitalgeber; im Fall von SSL sind dies meist Private-Equity-Firmen. Diese verfolgen das Ziel, ihre Eigenkapitalbeteiligung zu schützen und eine Insolvenz, die in der Regel zum vollständigen Verlust ihrer Investition führt, zu vermeiden. Um dies zu erreichen, setzen sie oft auf Distressed Exchanges und versuchen, Gläubigerinnen und Gläubiger (d.h. Loan-Investorinnen und -Investoren) zu Zugeständnissen zu bewegen und die Gläubigerinnen und Gläubiger direkt in die Verhandlungen einzubeziehen. Da Distressed Exchanges schneller, günstiger und flexibler sind als traditionelle Insolvenzverfahren, werden sie von Eigenkapitalgeberinnen und Eigenkapitalgebern oft bevorzugt.
Diese Taktik ist jedoch nicht ohne Risiko. Ein zu aggressives Vorgehen kann das Vertrauen der Gläubigerinnen und Gläubiger erschüttern und zukünftige Finanzierungsquellen für das Unternehmen oder andere Portfoliounternehmen der Private-Equity-Firmen verteuern. Dennoch setzen Private-Equity-Unternehmen auf diese Strategie, da sie kurzfristig Verluste minimiert und die Möglichkeit eines späteren erfolgreichen Exits bewahrt. Einige Private-Equity-Firmen gelten dabei in jüngster Vergangenheit als besonders «aggressiv» (aus Gläubigersicht). So kann am SSL-Markt beobachtet werden, dass die Loans dieser in der Vergangenheit aggressiven Private-Equity-Unternehmen mit einem signifikanten Abschlag gehandelt werden. Dies gilt auch für solide, nicht in Schieflage geratene Loans. Bei Loans von Private-Equity-Unternehmen mit gläubigerfreundlicheren Distressed Exchanges ist kein Abschlag erkennbar. Dies bedeutet, dass Marktteilnehmerinnen und -teilnehmer die aggressiven Private-Equity-Unternehmen «abstrafen».
Was bedeutet der Trend zu Distressed Exchanges für Investorinnen und Investoren, die in SSL, Corporate Direct Lending oder Private Equity investieren?
- SSL: SSL-Investorinnen und -Investoren müssen für ihre Renditeschätzung (nach Berücksichtigung von Ausfällen) den Fokus auf die Ausfallrate inkl. Distressed Exchanges legen.
- Corporate Direct Lending: Investorinnen und Investoren, die in Corporate Direct Lending investieren, müssen damit rechnen, dass die «wahre» Ausfallrate eher im Bereich von 4 Prozent anstatt von 1 Prozent liegt, wobei allerdings im Jahr 2025 nicht mit einer signifikanten Zunahme von Ausfällen zu rechnen ist.
- Private Equity: Anlegerinnen und Anleger müssen bei der Due Diligence genau hinschauen und prüfen, ob in der Vergangenheit aggressive Distressed Exchanges getätigt wurden. Denn dies würde bedeuten, dass die Loan-Investorinnen und -Investoren Fremdkapital nur zur Verfügung stellen, wenn sie eine zusätzliche Entschädigung in Form eines höheren Coupons erhalten. Dies würde zu höheren Kapitalkosten für die zugrunde liegenden Portfoliounternehmen führen. Und für die Private-Equity-Investorinnen und -Investoren bedeutet es geringere erwartete Renditen
Wir sind der Überzeugung, dass der ursprüngliche Investment-Case für Private Assets (Potenzial für Mehrrendite gegenüber traditionellen Anlagen, Diversifikation und stabile Erträge) weiterhin gilt. Aufgrund des gesamtwirtschaftlich tendenziell anspruchsvolleren Umfelds erwarten wir aber in den kommenden fünf bis zehn Jahren eine breitere Streuung der Renditen zwischen erstklassigen und weniger starken Managerinnen und Managern innerhalb einer Private-Assets-Anlageklasse. Das oben beschriebene Beispiel von Distressed Exchanges ist einer der Gründe dafür. Dies bedeutet, dass die Managerselektion an Bedeutung gewinnt.
* : Quelle: J. P. Morgan; zwölf Monate nachlaufende nennwertgewichtete Ausfallrate per 30. November 2024.
**: Quelle: J. P. Morgan; zwölf Monate nachlaufende nennwertgewichtete Ausfallrate inkl. Distressed Exchanges per 30. November 2024. Vor zwei Jahren lagen die beiden Ausfallraten (d.h. inkl. Distressed und exkl. Distressed) ungefähr gleich bei 0,7 Prozent.
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