DE EN FR IT
myBaloise E-Banking Link öffnet in einem neuen Tab Abmelden
Blog für institutionelle Anleger Anlegen nach COVID-19

Globale Staatsverschuldung steigt massiv

Asset Management 24. Juli 2020
Die Coronavirus-Pandemie hat das Potenzial bereits bestehende langfristige Trends erheblich zu beschleunigen.

Anlegen nach COVID-19

Die Coronavirus-Pandemie hat das Potenzial bereits bestehende langfristige Trends erheblich zu beschleunigen. Die in unseren Augen grössten Auswirkungen sind die stark steigende Staatsverschuldung, die potentielle De-Globalisierung, die Beschleunigung der Digitalisierung und die materielle Relevanz von Nachhaltigkeitsfaktoren.

Die COVID-19-Pandemie führte in Rekordgeschwindigkeit zu massiven Kurskorrekturen an den Finanzmärkten und die Weltwirtschaft rutschte in eine der tiefsten Rezessionen der Geschichte. Auch wenn sich die Finanzmärkte bereits wieder deutlich erholt haben, werden die Folgen der Krise nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig zu spüren sein. Wir beleuchten im Folgenden vier Trends, welche in unseren Augen für langfristig orientierte Anleger von besonderer Bedeutung sind.

Grafik 1: Globale Staatsverschuldung steigt massiv
Quelle: Asset Management, IWF April 2020

Anders als bei der Finanzkrise kam angesichts der jüngsten Krise auch die Fiskalpolitik zum Zug. Regierungen weltweit schnürten massive Hilfspakete, um einerseits Unternehmen mit genügend Liquidität zu versorgen und andererseits die Lohneinbussen von  Arbeitnehmern zu mindern. Dies war zwingend notwendig, um der globalen Rezession entgegenzuwirken, hat aber zur Folge, dass die bereits hohe Staatsverschuldung in vielen Ländern beispiellos in die Höhe schnellen wird. Der Internationale Währungsfonds schätzt, dass der Anstieg der globalen Staatsverschuldung dieses Jahr mehr als 6-mal so hoch sein wird wie im Vorjahr (Grafik 1).

Wichtig wird sein, wie Staaten ihre Schulden abzubauen gedenken, wobei dies von Land zu Land unterschiedlich sein dürfte. Wir sehen eine Kombination der folgenden beiden Mechanismen als wahrscheinlich an:

Finanzielle Repression: Wir rechnen damit, dass die Zentralbanken weiterhin im grossen Umfang Staatsanleihen erwerben, d.h. ein Grossteil der neuen Schulden der Staaten auf den Bilanzen der Zentralbanken landen, wo sie auch bleiben werden. Dies hat zur Folge, dass das Zinsniveau tief bleiben wird und Investoren zur Erreichung höherer Renditen noch stärker in risikoreiche Anlagen ausweichen müssen. Die von den Zentralbanken bereitgestellte Liquidität wird wie in den letzten Jahren eine wichtige Stütze für risikobehaftete Anlagen wie Aktien oder Unternehmensanleihen bleiben (siehe Grafik 2) aber birgt langfristig auch das Potenzial für höhere Inflationsraten. Bei steigender Inflation reduziert sich die Schuldenlast, d.h. es liegt grundsätzlich im Interesse der Regierungen, dass die Teuerung ansteigt. Das ist jedoch nicht etwas, das direkt und ohne Kollateralschäden gesteuert werden kann. Entsprechend sehen wir einen starken Anstieg der Inflation angesichts der aktuell stark deflationären Entwicklungen als unwahrscheinlich an. Die Beschleunigung des Protektionismus (siehe Trend 2) dürfte die Teuerung längerfristig aber wieder etwas ansteigen lassen.

Steuererhöhungen: Die Wahrscheinlichkeit von industriespezifischen Steueranpassungen erachten wir als hoch, denn bereits vor der Corona-Krise standen Vorschläge für Umweltsteuern und höhere Beiträge von IT-Unternehmen zur Debatte. Der Vorschlag der Europäischen Kommission für das EU-weite Hilfspaket, soll beispielsweise nicht nur den Aufbau unterstützen, sondern auch eine Investition in die Zukunft sein («Next Generation EU»). Im Speziellen soll der Plan den europäischen Grünen Deal und die Digitalisierung unterstützen. Grundsätzlich sind Steuererhöhungen Gift für die Wachstumsdynamik, weshalb diese erst bei einer ausreichenden Stabilisierung der konjunkturellen Lage in Angriff genommen werden dürften.

Grafik 2: Expansive Geldpolitik stützt Aktien
Quellen: Asset Management, Bloomberg Finance L.P. per 24.06.2020, * Bilanzen der Zentralbanken der folgenden Regionen: USA, Japan, Grossbritannien, EU, Schweiz, China, Brasilien, Hongkong, Südafrika, Korea, Indonesien, Russland, Singapur und Mexiko

    

Die Globalisierung prägte das globale Konjunkturbild in den letzten Jahrzehnten. Doch mit der zunehmenden Ungleichheit steigt der politische Druck den Fokus vermehrt auf die Innenpolitik zu richten und stärker auf protektionistische Ansätze zu setzen. So führte der «America First» Gedanke zu einem Handelsstreit zwischen den USA und China. Der Ausbruch des Coronavirus und die dadurch bedingte Rezession dürfte vielerorts das Ungleichgewicht der Einkommensverteilung nochmals verschärfen und somit populistische und protektionistische Trends verstärken. Bereits in den letzten Monaten haben insgesamt 90 Länder neue Exportrestriktionen für medizinische Güter und Medikamente eingeführt (Grafik 3). Zur Folge hat dies unter anderem eine moderat höhere Inflation, angesichts höherer Zölle und der zunehmenden Produktion im Inland. Profitieren dürften diejenigen Unternehmen, welche bereits begonnen haben ihre Lieferketten zu diversifizieren oder dank neuer Technologie günstig im Inland produzieren können. Verlieren dürften Länder (z.B. China) und Sektoren, deren Wirtschaftswachstum stark abhängig vom globalen Handel ist.

Grafik 3: Übersicht der Länder, welche seit Anfang Jahr Exportkontrollen für medizinische Güter und Medikamente eingeführt haben
Quellen: Weltbank, Global Trade Alert per 15.06.2020

      

Die Lockdown-Massnahmen im Zuge der Pandemie haben den Arbeitsalltag, den Schulunterricht und das Einkaufverhalten praktisch über Nacht auf den Kopf gestellt. Als Folge der Lockerung der Massnahmen, wird die Nutzung von Online-Diensten zwar wieder etwas abnehmen, aber die Corona-Krise hat sicherlich die Akzeptanz und Verbreitung digitaler Dienste massiv beschleunigt. So dürften Arbeitnehmer auch in Zukunft vermehrt von Zuhause arbeiten. Dies hat eine gedämpfte Nachfrage nach Büro- und Wohnflächen in den Ballungszentren zur Folge und könnte somit dem Nachfrageungleichgewicht zwischen der Peripherie und den städtischen Zentren entgegenwirken. Gleichzeitig hemmt der beschleunigte Aufschwung des Online-Handels die Nachfrage nach Verkaufsflächen. Für die Konjunktur könnte dies in der Summe jedoch einen Produktivitätsschub auslösen und somit zu stärkerem Wirtschaftswachstum und höherer Inflation führen. Der zunehmende Online-Handel würde aber gleichzeitig deflationär wirken, denn viele Güter sind im Schnitt online günstiger als in den Läden (Grafik 4).

Grafik 4: Inflationsentwicklung in den USA
Quellen: Baloise Asset Management, Austan D. Goolsbee and Peter J. Klenow, “Internet Rising, Prices Falling: Measuring Inflation in a World of E-Commerce,” Working paper, June 2018

     

Nachhaltige Anlagen wurden während der Coronakrise auf die Probe gestellt und sie haben bestanden, denn in schwachen Marktphasen ist besonders die Widerstandskraft («resilience») eines Unternehmens entscheidend. Dafür braucht es u.a. ein gutes Abschneiden verschiedener Nachhaltigkeitsfaktoren, wie den ESG-Kriterien (Environmental, Social und Governance).  Zum Beispiel muss ein Unternehmen vorausschauend mit den Auswirkungen des Klimawandels oder der Wasserbelastung umgehen («E»). Zudem sind z.B. im sozialen Bereich («S») Mitarbeiterzufriedenheit oder eine stabile Kundenbeziehung relevant. Eine robuste Governance («G») ist die Voraussetzung in zukünftigen kritischen Situationen gut aufgestellt zu sein, um schnell und entschieden zu handeln. Diese Belastbarkeit zahlt sich nicht nur langfristig, sondern auch in unsicheren Zeiten aus. Eine Studie der Fondsgesellschaft Blackrock zeigt, dass 94% der nachhaltigen Indizes während der Coronakrise besser abschnitten als ihre herkömmlichen Mutterindizes (Grafik 5).

Grafik 5: Anteil der nachhaltigen Indizes mit Outperformance im 1. Quartal 2020
Quelle: Blackrock, 2020

   

Der Ausblick für die Konjunktur und die Finanzmärkte bleibt mit viel Unsicherheit behaftet. Anleger werden somit weiterhin unsicheren Zeiten ausgesetzt sein und dürften verstärkt Nachhaltigkeitskriterien in ihre Investitionsentscheidungen integrieren. Dies auch vor dem Hintergrund, dass Regierungen und regulatorische Behörden ihren Fokus zunehmend auf die Nachhaltigkeit legen.

Die COVID-19-Pandemie dürfte die vier diskutierten langfristigen Trends erheblich beeinflussen. In Grafik 6 haben wir die in unseren Augen wahrscheinlichsten Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum, die Inflation sowie verschiedene Anlageklassen für die ersten drei Trends zusammenfassend dargelegt. Insbesondere langfristig orientierte Anleger sollten sich Gedanken machen, ob vor diesem Hintergrund Anpassungen an ihrer strategischen Anlagestrategie notwendig sind. Trend 4, die verstärkte Integration von Nachhaltigkeitskriterien, ist unseres Erachtens ein übergreifendes Thema. Den  «Future-Fit» von Unternehmen zu messen und in die Investmententscheidung zu integrieren ist essentiell, denn durch diese Berücksichtigung der Zukunftsfähigkeit der Unternehmen können Anlagerisiken reduziert und eine bessere Performance erreicht werden.

Grafik 6: Auswirkungen der langfristigen Trends
Quelle: Baloise Asset Management

      

Weitere Informationen
Kontakt

Melanie Rama
Senior Economist, Asset Strategy
melanie.rama@baloise.com

Dominik Schmidlin
Head of Asset Strategy
dominik.schmidlin@baloise.com

Dr. Agnes Neher
Head of Responsible Investment
agnes_lucia.neher@baloise.com

Weitere spannende Themen
Disclaimer

Baloise Asset Management AG übernimmt keine Gewähr für die verwendeten Kennzahlen und Performance-Angaben. Der Inhalt der Publikation beinhaltet Meinungen zur Marktentwicklung und dient ausschliesslich zu Informationszwecken und dient nicht der Anlageberatung. Insbesondere stellen die Informationen in keiner Weise ein Kaufangebot, eine Anlageempfehlung oder eine Entscheidungshilfe in rechtlichen, steuerlichen, wirtschaftlichen oder anderen Belangen dar. Es wird keine Haftung für Verluste oder entgangene Gewinne übernommen, die aus einer Nutzung der Informationen entstehen könnten.