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Blog für institutionelle Anleger Anleger gehen weiterhin auf Renditejagd

Anhaltendes Tiefzinsumfeld und Coronakrise

Asset Management 10. Juni 2020
Matthias Henny, Leiter des  Asset Managements, gibt im Interview mit "Finanz und Wirtschaft" Einblick, in welchen Bereichen er aktuell Erfolgspotenzial für Anleger sieht.
Anhaltendes Tiefzinsumfeld und Coronakrise

Herr Henny , die Folgen der Coronakrise treffen die Wirtschaft und auch viele Kunden von Baloise hart. Wo spüren Sie die grössten Herausforderungen als Asset-Manager des Versicherungsunternehmens?
Das seit Jahren anhaltende Tiefzinsumfeld führt zu einem niedrigeren laufenden Ertrag und hat sich mit der Coronakrise nochmals verschärft. So hat etwa die US-Notenbank ihre Leitzinserhöhungen innerhalb kürzester Zeit rückgängig gemacht. Mit sicheren Anlagen lässt sich auch in Zukunft keine ausreichende Rendite erwirtschaften, weshalb die Jagd nach Rendite weitergehen wird. Eine höhere Rendite lässt sich daher nur mit mehr Anlagerisiko oder mit der Illiquidität von Investments erzielen. Dies ist konsistent mit unserer Strategie, die wir seit längerem verfolgen. Wir investieren in Anlagekategorien mit einer hohen laufenden und stabilen Rendite, etwa Immobilien oder Unternehmensanleihen.

Welche Sorgen spüren Sie bei Ihren Kunden?
Die Unsicherheit und das Bedürfnis nach Informationen sind gross. Wir haben daher auf der Anlageseite unsere Kundeninteraktionen deutlich erhöht. Wir publizieren wöchentliche Updates zur Marktsituation und führen Webinare für unsere Kunden durch.

Welche Massnahmen wurden im Asset Management ergriffen?
Höchste Priorität geniesst der Schutz unserer Mitarbeiter und der Kundengelder. Die meisten unserer Mitarbeiter arbeiten im Home Office. Aufgrund der technischen Infrastruktur konnten die Asset-Management-Aktivitäten für unsere Kunden jederzeit sichergestellt werden.

Kredit-Investments attraktiv

Inwieweit haben Sie die Anlagestrategien überdacht und angepasst?
Unsere strategische Asset Allocation ist langfristiger Natur und ist so ausgerichtet, dass auch ein Schock dieser Grössenordnung gemeistert werden kann. Die Spielräume im Rahmen der taktischen Bandbreiten wurden genutzt, um verstärkt in Unternehmensanleihen oder kurzlaufende High-Yield-Anleihen zu investieren. Damit konnte eine laufende Rendite von 1,5% und mehr in Franken bei einem überschaubaren Kreditrisiko sichergestellt werden.

Das Asset Management hat kürzlich die Chance ergriffen, in Credit Investments anzulegen. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?
Die Niveaus, die wegen der Krise erreicht wurden, entsprachen zum Teil denen der Eurokrise 2011. Gleichzeitig haben die Zentralbanken sehr schnell mit massiven geldpolitischen Programmen eben diese Kreditmärkte mit Liquidität unterstützt. Die äusserst expansive Geldpolitik und die zusätzlichen fiskalpolitischen Massnahmen vieler Länder werden den Kreditmärkten weiterhin eine sehr gute Unterstützung liefern. Beides in Kombination hat uns überzeugt, dass wir für die zusätzlichen Kreditrisiken attraktiv entschädigt werden.

Weshalb investieren Sie auch in Alternativanlagen, insbesondere SSL Senior Secured Loans?
Für Senior Secured Loans gelten im Wesentlichen die gleichen Argumente wie für die Kreditmärkte. Allerdings ist hier aufgrund des höheren Ausfallrisikos und der geringeren Preiseffizienz der Märkte ein aktives Management unabdingbar. Wir konzentrieren uns mit unserem Anlagen in diesem Bereich auf defensive Emittenten und Sektoren, die wenig aktuellen Refinanzierungsbedarf haben.

«Ein Portfolio mit günstigem Risiko-Rendite-Profil hat weniger Abwärtsgefahr»

Aktive Kreditselektion ist zentral

Wo sehen Sie die grössten Opportunitäten für Pensionskassen im derzeitigen Marktumfeld?
Sie liegen zum grossen Teil in den unterschiedlichen Kreditmarktbereichen. Die Auswahl des Kreditmarktsegments sollte dabei im Kontext der gesamten Asset Allocation, der Risikofähigkeit und der spezifischen Renditeziele getroffen werden. Zentral ist zudem eine aktive Kreditselektion, denn selbst wenn die Flut der Anleihenkäufe der Notenbanken sprichwörtlich alle Boote hebt, sind nicht alle Sektoren von der aktuellen Krise gleich stark betroffen. Die Aktienmärkte sind bereits wieder relativ hoch bewertet bzw. preisen eine sehr positive weitere Entwicklung ein, weshalb hier zumindest kurzfristig Vorsicht angebracht ist.

Wie schätzen Sie derzeit die Chancen im Immobilienbereich ein?
Wir sind überzeugt, dass der Immobilienbereich eine der Stützen der Anlagetätigkeit sein wird. Die Renditedifferenz zu risikolosen Anlagen ist weiterhin gross, was die Investoren in diese Anlagekategorie treiben wird. Themen wie Zuwanderung und veränderter Flächenbedarf im Bürobereich sind aber auch da eine Herausforderung, um nur zwei Beispiele zu nennen. Wir erwarten, dass sich daraus interessante Opportunitäten ergeben.

Nachhaltiges Anlegen reduziert Abwärtsrisiko

Spielt ESG bzw. die Nachhaltigkeitsbewertung jetzt eine grössere Rolle?
Der Zustand der Wirtschaft verdeutlicht, wie wichtig die langfristige Perspektive für Investoren ist. Nachhaltigkeit ist ein auf lange Sicht ausgerichtetes Konzept, mit dem wir Risiken minimieren. Für uns als langfristig orientierten Anleger sind ESG-Faktoren – also Ecology, Social und Governance – wichtig. Wir sind davon überzeugt, dass sich die Integration dieser Faktoren in unseren Anlageprozess positiv auf das Rendite-Risiko- Profil auswirkt und das Abwärtsrisiko in unseren Anlagen reduziert. Empirische Analysen der Covid-19-Krise haben den positiven Effekt bestätigt. Gemäss einer aktuellen Studie von MSCI mussten Unternehmen mit starken ESG-Merkmalen während der bisherigen Krise geringere Verluste hinnehmen. Wir sind schon seit längerem davon überzeugt und werden auch in Zukunft daran arbeiten, unsere bestehenden Responsible-Investment-Richtlinien, die im gesamten Versicherungsportfolio und in den Fonds für Drittkunden angewendet werden, zu erweitern.

Beitrag ursprünglich erschienen in der Printausgabe von "Finanz und Wirtschaft" vom 06.06.2020.

Zur Person

«Nach dem Physikstudium an der Universität Basel begann Matthias Henny seine Karriere beim Beratungsunternehmen McKinsey. 2003 wechselte der heute 47-jährige ins Asset Management von Axa (damals Winterthur Versicherungen). 2012 stiess Henny zu Baloise, wo er seit 2017 Mitglied der Geschäftsleitung ist.»