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Ausblick 2023
Blog für institutionelle Anleger Ausblick 2023
Asset Management 10. Januar 2023
Melanie Rama, Senior Economist, und Daniel Kuenzi, Head Portfolio Management Multi Asset, zu möglichen Entwicklungen im Anlagejahr 2023
Weltweit trübt sich Konjunktur ein

Die Aussichten für das Wirtschaftswachstum 2023 sind eingetrübt. Die hohe Inflation führt zu schrumpfenden Reallöhnen und schwächt somit mittelfristig die Nachfrage. Gleichzeitig sind private Haushalte und Unternehmen mit höheren Finanzierungsbedingungen konfrontiert. Wir erwarten daher, dass das Wachstum in den meisten Regionen deutlich tiefer als 2022 ausfallen wird und einige Länder in eine Rezession gleiten werden. Besonders Volkswirtschaften in Europa, welche stark von Erdgas abhängig sind, wie Italien oder Deutschland, dürften einen stärkeren Wachstumseinbruch verzeichnen.

Die Inflation dürfte zwar im Verlauf des Jahres sinken, aber gleichwohl Ende Jahr noch über den Zielwerten vieler Zentralbanken liegen. Das starke Wachstum der Energie- und Lebensmittelpreise, welches 2022 die Teuerung in die Höhe trieb, dürfte 2023 wegfallen. Gleichzeitig dürfte aber der Fachkräftemangel in vielen Regionen, auch bei einer Wachstumsverlangsamung, für relativ robustes Lohnwachstum sorgen und somit die Kerninflation stützen.

Vor diesem Hintergrund werden die Zentralbanken wohl ihre geldpolitischen Zügel noch weiter straffen. Die grössten Zinsschritte liegen aber bereits hinter uns. Wir erwarten, dass in Europa und Nordamerika im zweiten oder teils dritten Quartal die Höchstwerte der Leitzinsen erreicht sein werden.

Finanzmärkte 2023: Inflation bleibt die treibende Kraft

2022 war ein aussergewöhnliches Anlagejahr: Die Inflation führte zu einem geldpolitischen Richtungswechsel, sodass in Europa, nach knapp einem Jahrzehnt, die Negativzinspolitik ein Ende fand. In den USA begann die Fed den schnellsten und stärksten Leitzinserhöhungszyklus seit den 80er Jahren. Die Folge für die Finanzmärkte waren starke Kursverwerfungen an den Aktien- und Bondmärkten. Für ein 50% Aktien- / 50% Bondportfolio war 2022 das schlechteste Jahr seit Dekaden.

Am Beispiel der USA ist zu sehen, dass der US-Bondmarkt, gemessen am Bloomberg US Aggregate Index, seit Mitte der 70erJahren nur während fünf Jahren eine negative Performance aufwies. Vor 2022 kam es nur einmal vor, im Jahr 1994, dass gleichzeitig auch Aktien an Wert verloren. Die Kursverluste waren jedoch im letzten Jahr deutlich stärker als 1994.

Quelle: Baloise, Bloomberg Finance L.P.
Quelle: Baloise, Bloomberg Finance L.P.

Für 2023 erwarten wir ein weiterhin anspruchsvolles und volatiles Marktumfeld, besonders in der ersten Jahreshälfte. Die Märkte und die Wirtschaft werden infolge der stark restriktiven Zinspolitik der Zentralbanken schwächeln. Wir gehen von sinkenden Aktienpreisen im ersten und wahrscheinlich zweiten Quartal aus. Da der Peak der US-Inflation wohl spätestens im zweiten Quartal hinter uns liegt, sehen wir für das ganze Jahr weniger Volatilität und weniger Aufwärtsdruck bei den Zinsen.

Etwas optimistischer sind wir für das zweite Halbjahr. Selektivität und Fokus auf Qualität wird zunehmend wichtiger. Schliesslich können die Zentralbanken angesichts der Inflation nicht wie in der Vergangenheit zur Hilfe eilen und die Kapitalmärkte mit Liquidität stützen. In diesem volatilen Umfeld ist eine aktive Risikosteuerung wichtig, Portfolio-Absicherungen sind stets zu prüfen.

Was ist aber anders gegenüber den Vorjahren?

Es gibt wieder eine gewichtige Alternative zu Aktien. Durch die Zins-und Spreadausweitung ist die relative Attraktivität von Aktien vs. Anleihen deutlich gesunken. Höhere Spreads sind möglich, Anleihen bieten nun einen gewissen Schutz in Form eines höheren Carry.

  • Aktien: Frühere Tiefstwerte an den Aktienmärkten werden wahrscheinlich Anfang Jahr erneut getestet, da es zu einem erheblichen Rückgang der Unternehmensgewinne kommen könnte. Die Erwartungen an die Unternehmensgewinne sind angesichts der Rezessionsgefahr zu optimistisch. Eine potentiell schwache Q4-Gewinnsaison könnte im Februar einen Ausverkauf auslösen. Kommt hinzu, dass die Geldpolitik weiter gestrafft wird und Inflation und Zinsen länger hoch bleiben können als derzeit erwartet. Gegen diese kurzfristig negative Einschätzung spricht die anhaltend niedrige Positionierung in riskante Anlagen oder ein starker kurzfristiger Rückgang der Inflation (den wir nicht erwarten), der die wichtigsten Notenbanken zu einem Umdenken veranlassen würde.
    Mittelfristig werden die Inflationsraten vermutlich stärker sinken und die Zentralbanken Zinssenkungen signalisieren. Dann werden die Börsen zu einer Erholung ansetzen. In der Zwischenzweit sind defensive Titel (inklusive Schweizer Aktien) unsere Favoriten im untergewichteten Aktienbereich. EM Aktien haben mit dem Ende der chinesischen Nullzins-Politik und der regional teilweise sehr günstigen Bewertungen Potential. Lateinamerika, Brasilien und China haben attraktive Risikoprämien. Europäische Aktien sind bei uns untergewichtig, die Wachstumsaussichten sind besonders schlecht und die Diskontsätze könnten weiter steigen.
     
  • Obligationen: Die Langfristzinsen dürften weiter moderat ansteigen. Bei Unternehmensanleihen steigt aufgrund der höheren Finanzierungskosten und der schwächeren Wirtschaftslage das Risiko von Kreditausfällen. Auf kürzere Laufzeiten und gesunde Fundamentaldaten ist daher zu achten. In den USA sehen wir weniger Aufwärtsdruck bei den Zinsen, wovon US IG Anleihen profitieren dürften. Die Spreads können sich zwar weiter ausweiten, aber der hohe Carry kann 2023 zu attraktiven Renditen führen. Die Inflationsdynamik ist in Europa schlechter als in den USA, Europa hat zudem das geringere Wachstum. Wir vermuten eine restriktivere Geldpolitik in Europa bis weit ins Jahr hinein. Dennoch profitieren EUR-Anleihen von höheren Spreads. Bei Staatsanleihen sehen wir das Risiko, dass die Trendwende der Notenbanken später eintreten könnte als erwartet, höhere Bondrenditen und flachere Zinskurven wären die Folge. Für Anleger aus der Schweiz ist zu beachten, dass die Absicherungskosten für USD- und EUR-Investitionen im vergangenen Jahr deutlich zugenommen haben und auch nicht rasch wieder sinken werden. Anleihen in Schweizer Franken sind in Folge am attraktivsten. CHF Corporates weisen eine interessante Risikoprämie auf.
     
  • Alternative Anlagen: Die Welt sieht sich mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert, die in vielen Fällen zu übermässigen Schwankungen bei Vermögenswerten führt. Angesichts dieser Risiken bleiben alternative Anlagen allein aufgrund ihres Beitrags zur Portfoliodiversifikation attraktiv. Die derzeitigen Marktverwerfungen bieten jedoch auch neue Anlagemöglichkeiten. So kann das aktuelle Marktumfeld für Anleger ein guter Einstiegspunkt für Versicherungsinvestitionen (Insurance Linked Securities) sein. Im aktuellen Umfeld bieten Senior Secured Loans eine attraktivere Verzinsung. Die variabel verzinste Anlageklasse zeichnet sich bei höheren Zinsen durch steigende Coupons und höheren Einnahmen aus. In einem rezessiven Umfeld erscheint die Anlageklasse durch ihren vorrangig besicherten Status aus Anlegersicht attraktiver als andere höher verzinsliche Anlageklassen. Das Ausfall- und Verlustrisiko bleibt aber bestehen. Auch Infrastructure Equity und Gold erachten wir insbesondere aus strategischer Perspektive weiterhin als attraktive Investments.
     
  • Immobilien: Das gestiegene Zinsumfeld belastet auch den Schweizer Immobilienmarkt. Die Agios von Immobilienfonds sind deutlich unter Druck gekommen. So haben Schweizer Immobilienfonds im 2022 mit -15% korrigiert. Die gestiegenen Fremdfinanzierungskosten einerseits und die höheren Renditen auf anderen Anlagen andererseits halten den Abwärtsdruck bei den Immobilienpreisen aufrecht, weshalb wir uns neutral positionieren. Trotz des starken Zinsanstiegs zeigt sich bei Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern in der Schweiz erst eine leichte Abschwächung. In den kommenden Quartalen dürfte das Preiswachstum indes weiter nachlassen. Wegen des knappen Angebots ist jedoch vorerst kein Preisrückgang zu erwarten. Mittelfristig ist ein solcher bei weiter steigenden Zinsen oder einer andauernden Rezession jedoch nicht auszuschliessen.
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